Dummheit in der Musik
A: al-ghabā’ fi'l-mūsīqa. – E: stupidity in music. – F: stupidité dans la musique. – R: glupost' v muzyke. – S: estupidez en la música. – C: yinyue zhong de yuchun
Wolfgang Fritz Haug
HKWM 2, 1995, Spalten 874-882
Die »ästhetisch-politische Kategorie« (Hodek 1988) der DiM wurde von Hanns Eisler (1898-1962) geprägt, dem überragenden Komponisten der kommunistischen Arbeiterbewegung, der marxistische Theorie mit dem Komponieren zusammengebracht hat und dessen Schriften und Gespräche ihn als originellen und bedeutenden marxistischen Denker ausweisen. »In seinen letzten Lebensjahren, wahrscheinlich 1956, legte Eisler eine Sammlung von Exzerpten und Notizen an, die er Materialien zu einer Dialektik der Musik nannte.« (M.Grabs, Vorwort zum Band gleichen Titels) In diesem Kontext entfaltet sich sein Nachdenken über die DiM, gegen die er »einen unermüdlichen, leidenschaftlichen Streit führte« (…). »Von diesem Thema läßt er nicht ab, kommt in einer Vielzahl von Variationen zu ihm zurück.« (Frei 1975) Die wichtigste Quelle sind Eislers Gespräche mit Hans Bunge, die »von 1958 bis unmittelbar vor seinem Tod im September 1962« geführt worden sind (Bunge, Vorbemerkung). Seit seiner Jugend, sagt er dort, kämpfe er gegen die DiM, deren Begriff »von der allgemeinen sozialen Dummheit abgezogen« (Gespräche) sei. Und Eisler erklärt, er sei »bis jetzt besiegt worden« (…).
Die Frage: »Gibt es dumme Musik?«, wurde auch von Robert Musil diskutiert: »Dem einen scheint es natürlich, weil es doch auch tiefe, ja gedankentiefe Musik gebe; dem andern aber unmöglich, weil es sinnlos sei, das Urteil ›dumm‹ auf Form und Gefühle anzuwenden.« (…) Musil empfiehlt, die Frage probeweise umzudrehen: »Ist vielleicht die Dummheit musikalisch? Dauernde Wiederholungen, eigensinniges Beharren auf einem Motiv, Breittreten ihrer Einfälle, Bewegung im Kreis, beschränkte Abwandlung des einmal Erfaßten, Pathos und Heftigkeit statt geistiger Erleuchtung: ohne unbescheiden zu sein, könnte sich die Dummheit darauf berufen, daß dies auch ihre Lieblingseigenheiten sind.« (…)
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