Entwicklung
A: tanmīya. – E: development. – F: développement. – R: razvitie. – S: desarollo. – C: fazhan 发展
Sven-Eric Liedman, Thomas Marxhausen, Wolfgang Fritz Haug
HKWM 3, 1997, Spalten 553-567
Umgangssprachlich ist E mehrdeutig: Der Term kann Bewegung, Veränderung, ein ›Aufsteigen vom Niederen zum Höheren‹ i.S.v. Qualifizierung, also eine ›Höher-E‹, Reifung, Zuwachs oder Verbesserung meinen; ebenso kann unter E Darlegung oder Ausarbeitung verstanden werden. Gegenbegriffe sind E.losigkeit oder ›ewige Wiederkehr des Gleichen‹. Beide Vorstellungen – die der E und des e.losen Zyklus – gehen auf die Antike zurück. Die Differenzierung zwischen ihnen ist vielschichtig und in sich widersprüchlich; sie dreht sich um die Triebkräfte wirklicher oder vermeintlicher E, um deren objektiv-deterministischen, naturgesetzlichen oder übernatürlichen, um ihren subjektiv und individuell beeinflussbaren oder ›ehernen‹ Charakter, um ihren Maßstab, ihren Sinn und ihr Ziel. Bei E geht es um das Herausbilden eines Neuen, dem womöglich eine Tendenz im ›Alten‹ zugeordnet werden kann.
Der Marxismus ist von Kautsky als »ökonomische E-Lehre« propagiert und dem Darwinismus an die Seite gestellt worden. Engels hat an dieser Tendenz einen gewissen Anteil. Aber bereits seit der ersten Generation von Marxisten gibt es ein waches Bewusstsein für diese ›naturalistische‹ und ›objektivistische‹ Heimsuchung des historischen Materialismus. Antonio Labriola polemisiert 1895 gegen die Vertreter dieser Richtung als »Pseudomarxisten«: »Entweder sie leiten unsere materialistische Geschichtsauffassung in die Theorie der allgemeinen Entwicklung zurück, die bei vielen nur eine neue Metapher einer neuen Metaphysik ist, oder sie suchen in dieser Lehre eine Abzweigung des Darwinismus« (GkM).
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