Liuismus
A: liyoyīya. – E: Liuism. – F: liuisme. – R: ljuizm. – S: liuismo. – C: Liú Shàoqí lùxiàn 刘少奇路线
Theodor Bergmann
HKWM 8/II, 2015, Spalten 1262-1269
Um die politische Theorie und Praxis in der VR China in den ersten vier Jahrzehnten ihres Bestehens auf den Begriff zu bringen, bediente und bedient sich die westliche Betrachtung vorwiegend der irreführenden Termini ›Maoismus‹ und ›maoistisch‹. Dass es alternative Konzepte gab, vermittelt sich meist nur indirekt durch die Namen von in Machtkämpfen Unterlegenen, etwa Gao Gang oder Peng Dehuai. Anders bei Liu Shaoqi (1898-1969), dessen Vorschläge und Positionen seit Mitte der 1970er Jahre verschiedentlich unter dem Term L gefasst werden: im deutschsprachigen Raum zuerst von Ulrich Menzel (1978, 215ff), dann von Theodor Bergmann, Menzel und Ursula Menzel-Fischer bei der Herausgabe ausgewählter Liu-Schriften und -Materialien (ASM, 1982), später etwa von Oskar Weggel (1989, 218-31). Die Gegenüberstellung von L und Maoismus, von liuistischen und maoistischen Fraktionen und Entwicklungslinien – die so in der chinesischen Darstellung nicht vorkommt, weil die Termini im Chinesischen nicht gebräuchlich sind –, lässt die Schärfe der Kämpfe in der KPCh um den Kurs der sozialistischen Entwicklung besonders deutlich hervortreten. Für die Entwicklung nach dem Tod von Mao Zedong (1976) sind Linien bedeutsam, die sich vom L zum Wirken von Deng Xiaoping, der zu Lius engsten Parteigängern gehörte, verfolgen lassen.
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