Lebensführung
A: ’uslūb al-ḥayāt. – E: conduct of life. - F: règle de vie. – R: stil’ žizni. - S: conducta de vida. – C: shenghuofangshi 生活方式
Christian Wille (I., III.), Fabian Kessl (II.), Wolfram Adolphi (IV.)
HKWM 8/I, 2012, Spalten 748-770
»Der Mensch«, notiert Marx in den Ms 44, ist nicht wie das Tier »unmittelbar eins mit seiner Lebenstätigkeit«, sondern »macht« sie »zum Gegenstand seines Wollens und seines Bewusstseins […], und die freie bewusste Lebenstätigkeit ist der Gattungscharakter des Menschen« (…). Darin gründet die Herausforderung, vor die jeder einzelne Mensch im Rahmen der gesellschaftlichen Gruppe, Bedingungen und Formen, in die er hineingeboren ist, sich gestellt findet. Man kann nicht »sein Leben nicht führen« (Holzkamp 1996), doch hat man »nicht einfach eine L« (Voß 1995).
In der L kommen die Antagonismen bürgerlicher Vergesellschaftung zum Tragen, die die Individuen je nach Klassenlage in die von kollektiven Zugehörigkeiten überlagerte Privatform einschließt: die privat-arbeitsteilige Produktion des Lebens, die die Arbeitskraft der allermeisten in die Wertform zwingt; die in die staatsförmige Vertikale gedrehte Regelung innergesellschaftlich nicht mehr zu schlichtender Konflikte, die dann als ›Werte‹ und ›Normen‹ die Individuen ›von oben‹ mit dem Anspruch auf Allgemeingültigkeit konfrontieren; die Hierarchie der Geschlechter, in der individuelle und gesellschaftliche Reproduktion organisiert sind. So verknoten sich in der L Handlungsfähigkeit und deren widersprüchliche Einpassung in die Reproduktion des Gegebenen: Was ›Gewohnheit‹, ›Disziplin‹, ›Verantwortung‹, ›Moral‹ oder ›Glück‹ jeweils ›ist‹ oder sein kann, entscheidet sich stets im Spannungsfeld von bewusster Selbst- und ideologischer Fremdvergesellschaftung.
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