Kapital
A: ra’smāl. – E: capital. – F: capital. – R: kapital. – S: capital. – C: ziben 资本
Wolfgang Fritz Haug (I.), Karl Kühne (II.)
HKWM 7/I, 2008, Spalten 117-135
I. Das Wort ›K‹, das dem Kapitalismus den Namen gegeben hat, leitet sich von lat. summa capitalis her, der »Hauptsumme« in der Buchhaltung; Stammwort ist caput (Kopf, Haupt), daher dt. ›Kapitel‹ (›Hauptstück‹) oder frz. la capitale u. engl. capital für ›Hauptstadt‹. Das lat. Adjektiv capitalis ist vielsagend doppeldeutig: einerseits ›den Kopf, das Leben betreffend‹, kann es auch ›verderblich‹ meinen, wie es im ›Kapitalverbrechen‹ enthalten ist, das ›den Kopf kosten‹ kann (das Adverb capitaliter bedeutet vollends ›tödlich, bis aufs Blut‹); es heißt aber auch wieder ›vorzüglich‹, wie im Ausdruck ein ›kapitaler Hirsch‹. »Merkwürdig«, notiert Marx 1854 in seinem Exzerpt zur Geschichte des ›Dritten Standes‹, »daß d Wort Capital m. d Aufkommen d Communen aufkömmt.« (…) Im Anschluss an die im Frühkapitalismus der oberitalienischen Stadtrepubliken entwickelte Buchhaltung, die 1494 im »ersten wissenschaftlichen System der doppelten Buchführung« des Fra Luca (Pacioli) gipfelte (Sombart, Der mod. Kapitalismus, II.1), wird »K« dann »die zum Zweck der Bilanzierung bei Kapitalrechnung festgestellte Geldschätzungssumme der für die Zwecke des Unternehmens verfügbaren Erwerbsmittel« bedeuten (Weber, WuG, 1.II, §11). »Man kann also sagen, dass vor der doppelten Buchführung die Kategorie des K nicht in der Welt war, und dass sie ohne sie nicht da sein würde.« (Sombart, II.1)
II. Die Bezeichnung »K« wird von Marx – ausgehend von einer historisch gesehenen Grunddefinition – in mehrfachem Sinne verwendet: Erstens als Synonym für »ein bestimmtes, gesellschaftliches, einer bestimmten historischen Gesellschaftsformation angehöriges Produktionsverhältnis« (K III), zweitens aber als ökonomische Kategorie in der »trinitarischen Formel« (…), die K, Boden und Arbeit einander gegenüberstellt: »Das K, das sind die in K verwandelten Produktionsmittel […], die von einem bestimmten Teil der Gesellschaft monopolisierten Produktionsmittel, die der lebendigen Arbeitskraft gegenüber verselbständigten Produkte und Betätigungsbedingungen eben dieser Arbeitskraft« (…), wobei Marx allerdings diesem Faktor im Gegensatz zur akademischen Ökonomie keineswegs eine wertschöpfende Rolle beimisst, ebensowenig wie dem Boden, sondern die »ökonomische Trinität« als »Mystifikation« sieht, die dem »Interesse der herrschenden Klassen« entspricht (…). Trotz dieser Mystifikation spricht Marx in diesem zweiten Sinne von einem »gesellschaftlichen Gesamtkapital« (…) als einem ökonomischen Begriff.
Makrogrößen sind in diesem Sinne diese beiden ersten Begriffe – der erste: »K« im Sinne einer Gesellschaftsordnung, eines als soziologische Kategorie gesehenen Produktionsverhältnisses, als Synonym für die »Gesellschaftsformation« der »bürgerlichen Produktionsweise« (Vorw 59), wobei dieser Begriff des »K« übergeht in die Skizzierung einer Lehre von den historischen Gesellschaftsordnungen (…): Aufeinanderfolge von Gentil-, Sklavenhalter-, Feudal- und bürgerlicher Gesellschaft, letztere als Synonym für das, was spätere marxistische Autoren als »Kapitalismus« bezeichneten und was Marx mit der Überschrift zu seinem Hauptwerk Das Kapital eigentlich ausdrücken wollte, als »Bestandsgröße« gewissermaßen eines soziologisch-historisch umrissenen Bestandes.
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