Kunstmarkt

A: sūq al-fann. – E: art market. – F: marché de l’art. - R: art-rynok. – S: mercado de arte. - C: yishushichang 艺术市场

Norbert Schneider

HKWM 8/I, 2012, Spalten 501-514

Während in Antike und Mittelalter τέχνη bzw. ars, auch das alt- bzw. mittelhochdeutsche Wort ›kunst‹ ein Können zwischen ›Wissenschaft‹ und handwerklichem Geschick bezeichneten, erfuhr das, was mit dem modernen Wort ›Kunst‹ und seinen Äquivalenten in den europäischen Sprachen seit der Frühen Neuzeit assoziiert wird, als imaginatives Konstrukt eine bis zur Sakralisierung gehende Aufwertung (vgl. Held/Schneider 2007). Diese Semantik ist längst integraler Bestandteil eines kulturellen Imperialismus geworden, der seine ästhetischen Normen im Zuge der »Globalisierung« (vgl. Weibel/Buddensieg 2007; Belting/Buddensieg 2009) den letzten noch verbliebenen indigenen Bevölkerungen aufdrängt.

Die »Sanktifikation der Natur«, wie der Symbolist Maurice Denis Kunst definierte (1912), also die Transfiguration der ästhetischen Mimesis in einen geheiligten Akt, war das Resultat der Konstituierung des modernen K, die eng mit der Dynamisierung ökonomischer Verhältnisse durch die Ausbreitung von Ware-Geld-Beziehungen innerhalb der feudalständischen Gesellschaft des Spätmittelalters verbunden war. Die in dieser Phase des Frühkapitalismus aufkommende Mentalität gesteigerter Besitzakkumulation und fortwährender Kapitalvermehrung gab der sich herausbildenden merkantilen Kunstsphäre Auftrieb. […]

Von K als einer Makrostruktur der Begegnung von Angebot und Nachfrage innerhalb kapitalistischer Zirkulationsverhältnisse, als einem System der Preisbildung von Kunstwerken als austauschbaren, fungiblen Gütern, mithin Waren, lässt sich eigentlich erst seit dem 17. Jh. in den Niederlanden sprechen, als Künstler, von kirchlichen oder öffentlichen Bestellungen abgesehen, auftragslos fast ausschließlich für einen offenen, anonymen Markt arbeiteten (Montias 1988 u. 1993; North 2001). […]

Der K ist heute in seinen Spitzendimensionen die ökonomische Sphäre, in der in schwindelerregender Höhe Geldwerte generiert werden, welche nur noch den Simulakren des Finanzkapitalismus wie Hedge Fonds und Leerverkäufen vergleichbar sind (vgl. Findlay 2012; Moulin 2003).

Arbeit, Ästhetik, Autonomie der Kunst, Basis-Ästhetik, bildende Kunst, Fetischcharakter der Ware, Gebrauchswert, Gebrauchswertversprechen, Geld, Handel, Ideologiekritik, ideologische Staatsapparate/repressiver Staatsapparat, Kulturimperialismus, Kulturindustrie, Kunst, Kunst der Außenseiter, Kunstverhältnisse, Kunstwerk, Markt, Massenkunst, Merkantilismus, Preis, Proletkult, Surrealismus, Tauschwert, Verblendungszusammenhang, Verdinglichung, Ware, Warenästhetik, Wert, Wertform

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