Gesellschaftsformation
A: at-taṡakkul al-iǧtimā‛ī. – E: social formation. – F: formation sociale. – R: obščestvenno formatsija. – S: formación social. – C: shehui xingtai 社会形态
Wolfgang Küttler
HKWM 5, 2001, Spalten 585-598
›G‹ ist im historischen Materialismus eine zentrale Kategorie für die Struktur und Entwicklung der menschlichen Gesellschaft. Sie dient dazu, »die Tatsachen der gesellschaftlichen Entwicklung zu erklären«, indem sie die »Existenz einer Struktur und zugleich ihrer Geschichtlichkeit, mit anderen Worten ihrer inneren Veränderungsdynamik« miteinander verbindet (Hobsbawm 1968). Allerdings haben Marx und Engels G weder als geschichtstheoretischen Grundbegriff noch als Gesellschaftsmodell systematisch ausgearbeitet. Die im ganzen Werk verstreuten inhaltlichen Bestimmungen lösten beim westlichen Marxismus und im ML gegenläufige Rezeptionen aus.
Der Term dient Marx zur Gliederung des materiellen Reproduktionsprozesses der menschlichen Gesellschaft (…), wodurch eine inhaltliche Analogie und – in der gesamtgesellschaftlichen und geschichtlichen Konkretisierung – auch Spannung zum Begriff ›Produktionsweise‹ besteht. Er deckt ab, was gelegentlich als die »historischen Formationen« (…) bezeichnet wird. Ohne weitere Spezifizierung wird G synonym mit »Gesellschaftsform« einerseits (…), mit »Totalität« (…) andererseits gebraucht. G benennt konkrete Gesellschaftssysteme unterschiedlicher raum-zeitlicher Extension; und schließlich steht die Problematik besonders bei Engels in engem Bezug zur Basis-Überbau-Dialektik (…).
In genetischer Hinsicht, in Verbindung mit ›Fortschritt‹, bedeutet die Entwicklung und Ablösung der G.en erstens progressive Formierung durch fortschreitende Existenzsicherung (…) und deutet in Verbindung mit der Theorie der Formationenfolge zweitens, über den Kapitalismus als höchste antagonistische Form hinaus, auf gesellschaftliche Emanzipation durch das Proletariat im Kommunismus (…). Zugleich ist G Gegenstand der Geschichtswissenschaft im Unterschied zur spekulativen Geschichtsphilosophie. In den historischen Studien besitzt der Term im Sinne von »Formierung« eine subjekt- und handlungsorientierte Beziehung (Jaeck 1988).
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