Gemeinwirtschaft
A: iqtiṣād ta‛āwunī. – E: communal economy. – F: économie communautaire. – R: ob’’edinënnoe chozjajstvo. – S: economía comunitaria. – C: jiti jingji 集体经济
Stefan Krätke
HKWM 5, 2001, Spalten 209-215
Die Konzeption der ›G‹ ist nicht originär sozialistisch. Sie wurde erst nachträglich von der Arbeiterbewegung begrifflich adaptiert und im Sinne eines nicht-kapitalistischen Wirtschaftssektors (v.a. gewerkschaftseigene, genossenschaftliche und öffentliche Unternehmen), der primär bedarfsorientiert und demokratisch kontrolliert arbeiten sollte, in reformsozialistische Strategien integriert.
In jeweils unterschiedlichen Formen und Strukturen hat sich seit Ende des 19. Jh. in den verschiedenen europäischen Ländern ein Unternehmenssektor mit nicht-kapitalistischen Eigentümern herausgebildet, in Gestalt staatlicher bzw. kommunaler und nichtstaatlicher Unternehmen. In Großbritannien entstand unter Einfluss des Munizipalsozialismus hauptsächlich ein kommunal-gemeinwirtschaftlicher Sektor; in Österreich versteht man unter G vorwiegend den (zentralisierten) Staatssektor. In Deutschland dagegen hat die gewerkschaftlich organisierte Arbeiterbewegung selbst einen sog. freigemeinwirtschaftlichen Sektor gefördert und zeitweilig aufgebaut, dessen Besonderheit eine Identifikation mit dem englischen ›social sector‹ oder dem französischen ›secteur public‹ verbietet. So bezeichnet der Ausdruck im engeren Sinne eine spezifische, vornehmlich in Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg geschaffene Realität.
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