Geschichtsphilosophie

A: falsafat at-tārīḫ. – E: philosophy of history. – F: philosophie de l’histoire. – R: filosofija istorii. – S: filosofía de la historia. – C: lishi zhexue 历史哲学

Frieder Otto Wolf

HKWM 5, 2001, Spalten 460-470

Marx und Engels haben jeder Art von G eine Absage erteilt: Die von ihnen begründete »materialistische Geschichtsauffassung«, spätestens seit Mehrings Einführungsschrift (1893) v.a. als »historischer Materialismus« bezeichnet, soll aller G ein Ende bereiten. An die Stelle des hegelschen Unternehmens einer spekulativen Sinngebung der Geschichte, das auf eine Legitimierung der historisch erfolgreichen Herrschaftsverhältnisse hinausläuft, kann auf der Grundlage »denkender Wissenschaft« (Engels) die Erkenntnis der »wirklichen Bewegung« treten, welche diese Verhältnisse überwinden wird. Schon 1843 postuliert Marx (…): »Wir entwickeln der Welt aus den Prinzipien der Welt neue Prinzipien.« Es gehe nicht »um einen großen Gedankenstrich zwischen Vergangenheit und Zukunft […], sondern um die Vollziehung der Gedanken der Vergangenheit« (…).

Die »Jungen« in der deutschen Sozialdemokratie (vgl. Bernstein) und die erste Generation von Marxisten, Mehring, Kautsky, Bernstein, Labriola, Plechanow, sehen sich dazu veranlasst, wieder eigene Auffassungen als G zu bezeichnen. Gemeint sind dabei grundsätzliche Aussagen über den historischen Prozess oder über dessen Darstellung, wie sie als »Theorie der historischen Entwicklung« bzw. als »Theorie der Geschichtswissenschaft« (vgl. Acham 1974) in der ›spontanen Philosophie‹ aller politisch Engagierten oder historisch Interessierten eine Rolle spielen. Spätestens in der Generation von Georg Lukács wird innerhalb marxistischer Debatten eine an Hegel anknüpfende G akut, die das Proletariat als das Subjekt-Objekt der Geschichte einsetzt. Nach dem Zerbrechen des Fortschrittsoptimismus unterm Eindruck des Nazismus und des Stalinismus entwerfen Horkheimer und Adorno im Anschluss an Benjamin die Grundzüge einer negativen G, während in der SU die marxistisch-leninistische G als ideologische Grundlage staatssozialistischer Entwicklung fungiert.

Antiphilosophie, Antizipation, Arbeit, Aufhebung der Philosophie, Aufklärung, Befreiung, dialektischer Materialismus, Eingedenken, Ende der Geschichte, Entstalinisierung, Epoche, Fakten, Faschismus, Fortschritt, Frankfurter Schule, Frühschriften, Geschichte, Geschichtsgesetze, geschichtslose Völker, Gewalt, Hegel-Kritik, Hegelianismus, Herrschaft, historisch-kritisch, Historische Schule der Ökonomie, historischer Materialismus, Historismus, Hoffnung, Idealismus/Materialismus, Ideologietheorie, Klassenkampf, klassische deutsche Philosophie, Kontingenz, Kritische Theorie, Leitfaden, Lukács-Schule, Messianismus, Periodisierung der Geschichte, Philosophie, Philosophiekritik, Revolutionstheorie, Sein/Bewusstsein, Spekulation, Teleologie, Theorie der gesellschaftlichen Entwicklung, Theorie/Praxis, Totalität, Universalgeschichte, Utopie, Volksgeist, Weltanschauung, Weltkrieg, Weltrevolution, Wissenschaft, Zeit, Zivilisation, Zukunft

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