Alltäglichkeit
A: ṭabʿ al-yaumi. – E: everydayness, dayliness. – F: quotidienneté. – R: povsednevnost', obydennost'. – S: cotidianidad. – C: richang xing
Henri Lefebvre (WFH/TL)
HKWM 1, 1994, Spalten 142-143
Auch wenn es natürlich immer ein »Alltagsleben« gab, hat sich die alltägliche Existenz doch bis Mitte des 20. Jh. im engen und wohldefinierten Rahmen des Dorfes oder Stadtviertels abgespielt. Seit dem Zweiten Weltkrieg modifiziert sich das. Diese Umgebung, die bislang nur durch Feste verwandelt wurde, beginnt auseinanderzubrechen. Die Mediatisierung (Kino, Radio, dann das Fernsehen) greift ins Alltägliche ein, und zwar nicht nur als von außen kommender Einbruch ins Privat- und Familienleben, sondern zunehmend als Programmierung der Zeit jedes Tages. Dies geschieht durch die »Werbung« (Warenästhetik), die auf die Bedürfnisse einwirkt und die gleichzeitig mit den Dingen die Konsumenten und Benutzer dieser Dinge produziert. Es geschieht durch die Propaganda. Ferner geschieht es durch die stets klugen »Ratschläge«: man sagt, was zu welchem Zeitpunkt getan werden muß; das Leben wird vorausgesehen, und die »Ratschläge« werden befolgt; denn sie entsprechen der auf diese Weise konstituierten Gesellschaft, die »bürokratische Gesellschaft des gelenkten Konsums« heißt (abgekürzt: Konsumgesellschaft).
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