Militarismus
A: ʽaskarīya. – E: militarism. – F: militarisme. – R: militarizm. – S: militarismo. – C: jūnguó zhǔyì 军国主义
Wolfgang Scheler (I.), Hu Xiaochen (II.)
HKWM 9/I, 2018, Spalten 932-953
I. M bezeichnet im marxistischen Verständnis jenen Teil klassengebundener Herrschaftsverhältnisse, der mit einem vom Staat in erheblichem Umfang permanent unterhaltenen Militärapparat sowie kriegerischer Ideologie und Kultur die Macht der herrschenden Klasse im Innern sichert und deren Interessen in der Staatenkonkurrenz durchsetzt. Er umfasst die Streitkräfte, die Rüstungsproduktion und all jene geistigen, kulturellen und organisatorischen Faktoren, die militärische Macht im Frieden wie im Krieg zu erzeugen vermögen. Der M war und ist ein Hauptgegner im Kampf für Demokratie und Sozialismus, und Anti-M wurde zu einem der wichtigsten Kampffelder der Arbeiterbewegung. Der von marxistischen Sozialisten, namentlich Friedrich Engels, Wilhelm Liebknecht, Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht, ausgearbeitete M-Begriff unterscheidet sich vom bürgerlichen v.a. durch die Auffassung, dass der M »allen Klassengesellschaftsordnungen […] eigen und wesentlich« ist (K.Liebknecht, 1907, GRS 1, 266). Für die Kapitalistenklasse, so Luxemburg, ist »der M in dreifacher Beziehung unentbehrlich geworden: erstens als Kampfmittel für konkurrierende ›nationale‹ Interessen […], zweitens als wichtigste Anlageart ebenso für das finanzielle wie für das industrielle Kapital und drittens als Werkzeug der Klassenherrschaft im Inlande gegenüber dem arbeitenden Volke« (SoR, 1899, GW 1/1, 397).
II. China. – M bezieht sich auf die militärische Durchdringung von Politik und Gesellschaft, die sich hauptsächlich von der späten Kaiserzeit bis zum Ende der Kulturrevolution beobachten lässt. Sie trug entscheidend zur Überwindung der mit dem Zusammenbruch des traditionellen Reichs entstandenen Krisen von Ideologie und staatlicher Souveränität und somit zur Gründung des modernen Chinas als einheitlicher Nationalstaat bei.
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